Warum gehen manche Menschen immer fremd? Das verrät die Persönlichkeit über chronische Fremdgänger, laut Psychologie

Du kennst sicher auch solche Leute: Sie springen von einer Beziehung zur nächsten, und irgendwie ist da immer Drama dabei. Fremdgehen, Betrug, zerbrochene Herzen – als wären sie von einem unsichtbaren Fluch verfolgt. Während andere Menschen jahrzehntelang glücklich und treu zusammen sind, scheinen manche einfach nicht anders zu können. Aber woran liegt das eigentlich? Sind das einfach schlechte Menschen, oder steckt da mehr dahinter?

Die Antwort ist faszinierender und komplizierter, als du denkst. Psychologen haben nämlich herausgefunden, dass Untreue oft gar nichts mit dem Partner zu tun hat – sondern mit ganz bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen, die manche Menschen einfach anfälliger für Versuchungen machen. Das heißt nicht, dass sie keine Wahl haben, aber es erklärt, warum manche Menschen immer wieder in dieselben Fallen tappen.

Deine Persönlichkeit entscheidet über deine Treue

Persönlichkeit funktioniert wie ein Rezept – jeder Mensch hat verschiedene Zutaten in unterschiedlichen Mengen. Psychologen nennen die fünf wichtigsten Zutaten die Big Five: Extraversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit, Neurotizismus und Offenheit für neue Erfahrungen. Und hier wird es interessant: Menschen, die fremdgehen, haben oft ein ganz bestimmtes Rezept.

Die Forschung von Orzeck und Lung aus dem Jahr 2005 brachte erstaunliche Erkenntnisse ans Licht. Sie fanden heraus, dass untreue Menschen oft extrovertierter und offener für neue Erfahrungen sind. Das klingt erst mal gar nicht so schlecht – wer ist nicht gerne gesellig und aufgeschlossen? Aber genau da liegt das Problem: Diese Offenheit bezieht sich eben auch auf neue romantische Abenteuer.

Noch aufschlussreicher sind die Bereiche, in denen untreue Menschen oft schlechter abschneiden. Studien von Satow und Heiden aus dem Jahr 2012 bestätigen: Menschen mit geringer Verträglichkeit und niedriger Gewissenhaftigkeit gehen statistisch deutlich häufiger fremd. Geringe Verträglichkeit bedeutet, dass diese Menschen weniger Mitgefühl für andere haben und seltener daran denken, wie ihre Handlungen andere verletzen könnten. Niedrige Gewissenhaftigkeit macht sie impulsiver, weniger diszipliniert und bereitet ihnen Probleme beim Einhalten langfristiger Verpflichtungen.

Das verrückte Bindungsangst-Paradox

Hier wird die Sache richtig bizarr. Du würdest denken, dass Menschen mit Bindungsangst alles tun würden, um ihre Beziehung zu schützen, oder? Pustekuchen! Die Forschung zeigt genau das Gegenteil: Menschen mit Bindungsängsten gehen tatsächlich öfter fremd.

Das klingt erst mal völlig verrückt, macht aber psychologisch gesehen perfekt Sinn. Diese Menschen leben in ständiger Panik, verlassen oder verletzt zu werden. Ihr Gehirn entwickelt eine ziemlich krude Überlebensstrategie: „Wenn ich zuerst verletze, kann mir niemand mehr wehtun.“ Es ist wie ein emotionaler Präventivschlag – tragisch, aber irgendwie menschlich nachvollziehbar.

Diese Menschen zeigen oft typische Verhaltensmuster: Sie interpretieren normale Beziehungsprobleme als Weltuntergang, haben Schwierigkeiten dabei, sich wirklich zu öffnen, und sabotieren oft unbewusst gute Beziehungen. Sie suchen außerhalb der Beziehung nach Bestätigung und halten sich immer eine Hintertür offen – für den Fall, dass die Hauptbeziehung den Bach runtergeht.

Das Tragische daran: Sie erschaffen oft genau die Situation, vor der sie am meisten Angst haben – nämlich verlassen zu werden. Es ist eine selbsterfüllende Prophezeiung des Herzschmerzes.

Bestätigungsjunkies und ihr ewiger Hunger nach Aufmerksamkeit

Kennst du Menschen, die bei jeder Party automatisch im Mittelpunkt stehen müssen? Die ihre Instagram-Posts alle fünf Minuten checken, um zu schauen, wie viele Likes sie bekommen haben? Die ständig Komplimente brauchen, um zu funktionieren? Dann hast du wahrscheinlich einen klassischen Bestätigungsjunkie kennengelernt – und die haben ein erhöhtes Risiko für Untreue.

Diese Menschen sind wie emotionale Vampire. Sie saugen ständig Aufmerksamkeit und Bewunderung aus ihrer Umgebung, um ihr Selbstwertgefühl am Laufen zu halten. Ein Partner allein kann diesen riesigen Hunger oft nicht stillen. Die Aufregung der Eroberung, das Gefühl, begehrenswert zu sein, die Aufmerksamkeit von neuen Menschen – das wird zu einer Droge, die immer stärkere Dosen braucht.

Besonders gefährlich wird es in längeren Beziehungen. Die anfängliche Aufregung lässt nach, die täglichen Komplimente werden zur Routine, und plötzlich fühlen sie sich „unsichtbar“. Genau dann beginnt die verzweifelte Suche nach neuen Quellen der Bewunderung.

Wenn das Gehirn vergisst zu bremsen

Manche Menschen haben ein Gehirn wie ein Auto ohne funktionierende Bremsen. Sie sehen eine Versuchung, und bevor der rationale Teil ihres Gehirns „Halt, Stopp!“ schreien kann, haben sie bereits gehandelt. Das ist keine Entschuldigung für Untreue, aber es erklärt, warum manche Menschen immer wieder in dieselben Fallen tappen.

Menschen mit schwacher Impulskontrolle haben neurobiologisch betrachtet oft eine geringere Aktivität im präfrontalen Cortex – dem Teil des Gehirns, der für rationale Entscheidungen und langfristige Planung zuständig ist. Sie leben stärker im Moment und haben massive Probleme dabei, die Konsequenzen ihrer Handlungen zu durchdenken.

Das zeigt sich nicht nur bei Untreue, sondern zieht sich durch ihr ganzes Leben: impulsive Käufe, spontane Entscheidungen, Probleme beim Einhalten von Diäten oder Sparplänen. Es ist ein Muster, das sich durch alle Lebensbereiche zieht und oft bereits in der Kindheit erkennbar wird.

Der Mythos der unglücklichen Beziehung

Hier kommt eine echte Überraschung: Unglückliche Beziehungen führen nicht automatisch zu Untreue. Das ist einer der größten Mythen überhaupt. Studien von Mark und Kollegen aus dem Jahr 2011 zeigen zwar, dass unzufriedene Menschen eher fremdgehen, aber die allermeisten unglücklichen Partner bleiben trotzdem treu.

Der entscheidende Faktor ist die Kombination aus Unzufriedenheit und den oben genannten Persönlichkeitsmerkmalen. Ein gewissenhafter, einfühlsamer Mensch wird auch in einer schwierigen Beziehung eher versuchen, die Probleme zu lösen oder die Beziehung ehrlich zu beenden, bevor er fremdgeht.

Noch faszinierender: Manche Menschen gehen sogar in glücklichen Beziehungen fremd. Bei ihnen spielen Persönlichkeitsfaktoren eine viel größere Rolle als die Beziehungsqualität. Sie gehen nicht fremd, weil etwas fehlt, sondern weil ihre Persönlichkeitsstruktur sie dazu antreibt.

Rote Flaggen der Persönlichkeit erkennen

Das bedeutet nicht, dass du jeden Menschen in deinem Umfeld psychoanalysieren sollst. Aber es gibt durchaus frühe Warnsignale, die auf eine erhöhte Untreue-Neigung hindeuten können.

  • Menschen, die ständig neue Aufmerksamkeit suchen, auch wenn du daneben stehst
  • Die bei Partys automatisch zu anderen hingezogen werden und Grenzen überschreiten
  • Die ihre Ex-Partner schlecht behandelt oder betrogen haben
  • Die Schwierigkeiten haben, Versprechen einzuhalten – nicht nur romantisch, sondern auch freundschaftlich oder beruflich

Besonders aufmerksam solltest du bei Menschen werden, die sehr impulsiv sind und Probleme mit langfristigen Verpflichtungen haben. Das zeigt sich oft in kleinen Dingen: Sie ändern ständig ihre Pläne, haben Probleme mit Pünktlichkeit oder brechen häufig Versprechen. Diese scheinbar harmlosen Verhaltensweisen können Hinweise auf größere Muster sein.

Achte auch darauf, wie sie über ihre vergangenen Beziehungen sprechen. Menschen mit hoher Untreue-Neigung schieben die Schuld oft ausschließlich auf ihre Ex-Partner und übernehmen selten Verantwortung für das Scheitern ihrer Beziehungen.

Menschen können sich ändern – die hoffnungsvolle Seite

Die vielleicht wichtigste Erkenntnis: Persönlichkeitsmerkmale sind nicht dein Schicksal. Sie zeigen nur Tendenzen und Risikofaktoren auf, keine unabänderlichen Tatsachen. Menschen können sich ändern, lernen und wachsen. Jemand mit schwacher Impulskontrolle kann Strategien entwickeln, um bessere Entscheidungen zu treffen. Menschen mit Bindungsängsten können in der Therapie lernen, gesündere Beziehungsmuster zu entwickeln.

Der erste Schritt ist immer die Selbsterkenntnis. Wenn du dich in manchen der beschriebenen Muster wiedererkennst, ist das kein Grund zur Panik, sondern eine Chance zur Entwicklung. Studien zeigen, dass Menschen, die ihre Risikofaktoren kennen, bewusster mit Versuchungssituationen umgehen können.

Auch in Beziehungen kann dieses Wissen Gold wert sein. Wenn beide Partner ihre Persönlichkeitsmuster verstehen, können sie gemeinsam Strategien entwickeln, um mit schwierigen Situationen umzugehen. Offene Kommunikation über Versuchungen, klare Grenzen und gegenseitige Unterstützung können selbst risikobehaftete Persönlichkeiten zu treuen Partnern machen.

Die Forschung von Schmitt aus dem Jahr 2004 und Shackelford und Kollegen aus dem Jahr 2008 bestätigt: Auch Menschen mit ungünstigen Persönlichkeitsmerkmalen können durch bewusste Entscheidungen und die richtige Unterstützung treue Partner werden. Es ist schwieriger für sie, aber definitiv möglich.

Was das alles für dich bedeutet

Am Ende des Tages bleibt Treue immer eine bewusste Entscheidung – aber eine, die manche Menschen leichter fällt als anderen. Das Verstehen der psychologischen Hintergründe hilft nicht nur dabei, andere besser einzuschätzen, sondern auch dabei, sich selbst und die eigenen Beziehungsmuster zu reflektieren.

Das bedeutet nicht, dass du Menschen mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen automatisch misstrauen solltest. Aber es kann dir helfen, Warnsignale früher zu erkennen und bewusstere Entscheidungen in deinen Beziehungen zu treffen. Und wenn du selbst manche dieser Tendenzen bei dir erkennst, ist das der erste Schritt zu gesünderen, stabileren Beziehungen.

Die Wissenschaft zeigt uns: Untreue ist nicht nur eine Frage der Moral oder der Umstände. Sie folgt erkennbaren psychologischen Mustern, die wir verstehen und mit denen wir arbeiten können. Und das ist letztendlich eine sehr hoffnungsvolle Erkenntnis für alle, die gesunde, treue Beziehungen führen möchten.

Was verrät über deine Treue mehr: Gefühle oder Charakterzüge?
Gefühle regieren alles
Persönlichkeit ist entscheidend
Beides untrennbar
Kommt auf den Tag an

Schreibe einen Kommentar